Gläserne Decke? Noch nie gehört? Viele Frauen starten ihre Karriere und erfahren erst im Laufe des Weges, dass es sie gibt: die gläserne Decke! 

Die gläserne Decke ist ein Begriff, der eine unsichtbare Barriere beschreibt, die es Frauen (und auch anderen Minderheiten) erschwert, in ihrer Karriere über eine bestimmte Ebene hinauszukommen. Dies gilt insbesondere für Führungspositionen. 

Emanzipation hin oder her, top Qualifikationen ebenso: immer wieder stoßen Frauen auf ihrem Weg nach oben auf dieses Hindernis. Es gibt eine Vielzahl von Gründen und Mechanismen, die dazu führen, dass Frauen in ihrem beruflichen Werdegang  immer wieder an die gläserne Decke stoßen. 

Fünf dieser zentralen Eigenschaften und Mechanismen möchte ich hier in den Fokus stellen: 

 

Längst überholte Geschlechterrollen

Einer der grössten Faktoren, der zur gläsernen Decke beiträgt, sind tief verwurzelte gesellschaftliche Stereotypen und Geschlechterrollen. Viele Menschen hegen – oft unbewusst – die Überzeugung, dass bestimmte Fähigkeiten oder Führungsqualitäten eher Männern als Frauen zugeschrieben werden. Eine Frau als Geschäftsführerin eines Maschinenbauers – noch immer ist das für viele nicht vorstellbar. So gelten Männer traditionell als durchsetzungsfähig, rational und führungsstark, während Frauen oft als emotional, fürsorglich und unterstützend angesehen werden. 

Erwähnt seien hier auch die MINT-Berufe, die noch immer traditionell Männern zugeschrieben werden.

Diese Stereotypen können dazu führen, dass Frauen nicht für Führungsrollen berücksichtigt werden, da sie nicht den erwarteten Normen für solche Positionen entsprechen. Die gläserne Decke grüßt! 

Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie des Landes Baden-Württemberg hat gezeigt, dass Frauen in Führungspositionen nach anderen Maßstäben beurteilt werden. Sie müssen oft doppelt so viel leisten, um als genauso kompetent wie ihre männlichen Kollegen wahrgenommen zu werden.

Kein Wunder also, dass Frauen oft in Berufen oder Branchen zu Hause sind, die als „weiblich“ gelten. Dies sind Pflege, Erziehung oder soziale Arbeit. Aber in diesen Bereichen gibt es weniger Aufstiegsmöglichkeiten als in traditionell „männlich“ dominierten Sektoren wie Technologie oder Finanzwesen. 

 

Über Generationen gelernte Vorurteile

Männer sind Jäger. Frauen sind Sammler. Wer kennt dieses Klischee nicht? Dieses simple Beispiel beeinflusst ebenfalls den Glasdeckeneffekt. Häufig haben Arbeitgeber unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen. Diese Vorurteile beeinflussen die Art und Weise, wie Frauen und Männer wahrgenommen und behandelt werden. Schon hier beginnt die gläserne Decke.

Ein Beispiel:  Viele Menschen neigen dazu, Männern automatisch Führungsqualitäten und technische Fähigkeiten zuzusprechen, während Frauen oft als weniger durchsetzungsfähig oder als weniger technikaffin wahrgenommen werden. Dies gilt, selbst wenn ihre Qualifikationen und Fähigkeiten objektiv gleichwertig oder sogar besser sind. Diese Wahrnehmung beeinflusst ebenfalls die gläserne Decke. 

Diese Vorurteile können sich in den unterschiedlichsten Situationen zeigen, etwa bei Beförderungsentscheidungen, Gehaltsverhandlungen oder auch in alltäglichen Meetings, in denen die Meinungen von Frauen häufiger überhört oder weniger ernst genommen werden. Der Glasdeckeneffekt findet hier eine direkte, praktische Anwendung. 

Leider werden immer wieder Frauen seltener als Männer für leitende Positionen empfohlen, selbst wenn sie genauso qualifiziert sind. Die Existenz solcher unbewussten Vorurteile trägt dazu bei, dass Frauen in ihrem beruflichen Werdegang häufig ausgebremst werden. Auch das ist ein Teil der gläsernen Decke. 

 

Mangelnde Netzwerke und Mentoren

Netzwerke spielen in der Geschäftswelt eine entscheidende Rolle, insbesondere bei Beförderungen und Karriereschritten. Männer profitieren oft von sogenannten „Old-Boys-Networks“ – informellen Netzwerken aus meist männlichen Kollegen und Vorgesetzten, die sich gegenseitig unterstützen und fördern. Oftmals entstehen diese Netzwerke schon während des Studiums.

Frauen hingegen haben oftmals keinen Zugang zu diesen Netzwerken oder finden sich in Umgebungen wieder, in denen sie eine Minderheit darstellen und daher schwieriger Beziehungen zu Entscheidungsträgern aufbauen können. Für Frauen, die den Glasdeckeneffekt überwinden wollen, gilt deshalb, sich vom ersten Tag an ein gutes Netzwerk von Entscheidern aufzubauen. 

Darüber hinaus fehlt es Frauen oft an Mentoren und Sponsorinnen, die sie auf ihrem Karriereweg unterstützen und dabei helfen, die gläserne Decke zu durchbrechen. Ein Mentor kann Ratschläge geben, wie man mit schwierigen Situationen umgeht, während ein Sponsor aktiv für den erfolgreichen beruflichen Werdegang einer Person einsteht und sie für Führungspositionen empfiehlt. Da es in vielen Führungsetagen noch immer an Frauen mangelt, fehlen häufig weibliche Vorbilder, die zeigen, wie man erfolgreich die gläserne Decke durchstößt. Solche Sponsoren unterstützen junge Frauen und ermutigen, höhere Positionen anzustreben und die gläserne Decke hinter sich zu lassen. 

 

Das bisschen Haushalt …

Ein weiterer zentraler Punkt ist die nach wie vor existierende Herausforderung für Frauen, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Trotz zahlreicher Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie tragen Frauen nach wie vor die Hauptlast der familiären und häuslichen Pflichten. 

Dies betrifft insbesondere die Kinderbetreuung sowie die Pflege von Angehörigen. Solche Pflichten können es Frauen erschweren, Vollzeit zu arbeiten oder sich auf Führungspositionen zu bewerben, die oftmals eine hohe zeitliche Flexibilität und Reisetätigkeit erfordern. Das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ wirkt wie eine zusätzliche gläserne Decke. 

Auch bei der Rückkehr nach einer Elternzeit stoßen viele Frauen auf Hindernisse. Sie werden oft als weniger engagiert oder weniger verfügbar wahrgenommen und verlieren so den Anschluss an entscheidende berufliche Netzwerke. Selbst wenn flexible Arbeitsmodelle angeboten werden, führen diese oft dazu, dass Frauen als weniger „führungsfähig“ wahrgenommen werden, weil sie möglicherweise nicht rund um die Uhr verfügbar sind. Dies verstärkt den Glasdeckeneffekt und erschwert es Frauen, in höhere Positionen aufzusteigen.

 

Fehlende geschlechterspezifische Förderprogramme

Obwohl in vielen Unternehmen Initiativen zur Förderung von Frauen am Arbeitsplatz ins Leben gerufen wurden, fehlt es oft an gezielten, nachhaltigen Programmen, die Frauen tatsächlich helfen, die gläserne Decke zu durchbrechen. Viele Unternehmen setzen auf einmalige Programme oder Maßnahmen, die eher symbolischen Charakter haben, statt auf langfristige Strategien, die tief verwurzelte Strukturen verändern und Frauen die Möglichkeit bieten, den Glasdeckeneffekt zu durchbrechen. 

Dies könnten etwa spezielle Führungsprogramme für Frauen, Mentoring-Programme oder flexible Arbeitszeitmodelle sein, die tatsächlich auf die Bedürfnisse und Herausforderungen von Frauen im Arbeitsleben eingehen und aktiv dabei unterstützen, die gläserne Decke zu durchbrechen. 

Leider mangelt es jedoch häufig an einer kritischen Masse von Frauen in Führungspositionen, die auch den Willen mitbringen, die gläserne Decke zu durchbrechen.  Eine oder zwei Frauen in einer Führungsrolle können zwar sichtbare Zeichen für Diversität sein, doch ohne eine größere Zahl von Frauen auf diesen Ebenen bleibt der Einfluss auf die Unternehmenskultur und die Entscheidungsprozesse gering. 

Unternehmen, die das große Potential weiblicher Führungskräfte nutzen wollen, sollten daher konsequent auf Gleichstellung achten und aktiv Maßnahmen ergreifen, um Frauen auf allen Ebenen zu fördern, um so gläserne Decken möglichst gar nicht entstehen zu lassen. 

 

Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten:

Die gläserne Decke besteht aus einer Vielzahl von strukturellen und kulturellen Barrieren, die Frauen daran hindern, ihr volles berufliches Potenzial zu entfalten. 

Geschlechterstereotypen, unbewusste Vorurteile, das Fehlen von Netzwerken und Mentoren, die Herausforderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Mangel an gezielten Förderprogrammen für Frauen sind nur einige der Hauptfaktoren, die dazu führen, dass Frauen in ihrer Karriere oft an unsichtbare Grenzen – gläserne Decken – stoßen. 

Um die gläserne Decke zu durchbrechen, sind tiefgreifende Veränderungen in den Strukturen und Kulturen von Unternehmen notwendig. Nur durch gezielte und dauerhafte Maßnahmen können wir eine Arbeitswelt schaffen, in der Frauen die gleichen Chancen auf beruflichen Erfolg haben wie ihre männlichen Kollegen.

 

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Herzliche Grüße,
Barbara Rottwinkel-Kröber

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