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Margot Heiring, Personalvorstand der Volksbank Westmünsterland, über die Chancen von Frauen 40+ auf dem Arbeitsmarkt.

Margot Heiring selbst hat eine Vita mit Brüchen. Großgeworden In einer gutbürgerlichen Familie mit fünf Kindern, führte dort der klassische Lebensweg eher in die Ehe mit Kindern. Margot jedoch absolvierte zunächst eine Lehre als Groß- und Außenhandelskauffrau, bevor sie sich für eine Banklehre entschied. In den nachfolgenden Jahren lernte sie verschiedenste Bereiche der Bank kennen und fand ihren Schwerpunkt im Vertrieb. Auf der Suche nach weiteren Herausforderungen entschloss sie sich zu einem berufsbegleitenden Studium. Nach erfolgreichem Abschluss wechselte sie in einen ganz anderen Bereich: Das Thema „Personal“ (HR) beschäftigte sie fortan. Seit 10 Jahren verantwortet sie diesen Bereich bei der Volksbank Westmünsterland. Sie ist ehrenamtliche Richterin, IHKPrüferin, systemischer Coach und war selbst jahrelang Dozentin an der Frankfurt School of Management and Finance. Außerhalb der Bankenwelt prägte sie ihre 30-jährige Ehe. Gemeinsam mit ihrem Mann bereise sie alle Kontinente, bevor dieser vor drei Jahren plötzlich starb.

Frau Heiring, welche Erfahrungen haben sie mit Frauen ab 40, die sich bei Ihnen bewerben?

Margot Heiring: „In Gesprächen werde ich häufig nachdenklich, wenn sich reifere Kandidaten oder Kandidatinnen bewerben. Junge Kandidaten haben häufig tolle Abschlüsse und hehre Vorstellungen, wie Karrieren um sie herum gebildet werden müssen. Dann habe ich die reiferen Kandidaten, die ganz unterschiedliche Werdegänge haben. Sie bringen häufig eine starke Persönlichkeit mit. Oft genug entscheide ich mich dann für die reiferen Frauen.Wenn man jung ist, gibt es verschiedenste „Leitern“, um eine Karriere zu starten. Ältere Bewerber haben eher den ein oder anderen Bruch in ihrem Leben. In Netzwerken profitieren sie von Ideen und Erfahrungen anderer. Ich halte den Austausch untereinander für sehr wichtig.“ 

Frau Heiring, wo sehen Sie die Stärken dieser Bewerberinnen?

Man kann nicht das eine mit dem anderen aufwägen. Also jung und karriereorientiert gegen reif und erfahren. Reifere Bewerber haben andere Qualitäten. Während junge Leute den Drang haben nach vorne zu kommen, den Schub Karriere zu machen, den Ehrgeiz Dinge schnell zu erreichen. Das kann für einen Arbeitgeber durchaus sexy sein. Es kann aber auch sehr attraktiv und sexy sein, Leute zu haben, die für sich sagen: ich muss nicht mehr jede Karrierestufe mitnehmen. Diese Kandidaten haben eine konkrete Vorstellung davon, was sie leisten können und was nicht. Sprich: eine Frau um die 40 hat in aller Regel das Thema Familie schon gemanagt. Sie weiß sehr viel sicherer abzuschätzen, in welchem zeitlichen Umfang und mit welcher Intensität sie Herausforderungen und Aufgaben annehmen kann. Das ist bei jungen Kandidaten eher anders. Da ist die Differenz zwischen Selbst- und Fremdbild durchaus auch mal größer.

Frau Heiring, stimmt es, dass Frauen ab 50 eigentlich aus dem Arbeitsmarkt raus sind?

In den Personalabteilungen ist es häufig noch nicht angekommen, dass erfahrene Mitarbeiter auch andere Erfahrungen mitbringen. Das Umdenken beginnt, aber es ist noch nicht durchgängig. Arbeitgeber suchen tendenziell die Anfang 30-Jährigen mit 20 Jahren Berufserfahrung. (Lach). Das zu ändern ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Deshalb rate ich älteren Bewerberinnen eher über Netzwerke zu gehen und dadurch Adressen oder Anknüpfpunkte für Bewerbungen zu bekommen als sich auf klassische Stellenanzeigen zu bewerben.

Frau Heiring, was sind aus ihrer Erfahrung die häufigsten Fehler, die Bewerberinnen ab 40 machen?

Ich würde mir wünschen, dass Frauen in diesem Alter viel mutiger und selbstbewusster auf das schauen, was sie geleistet haben. Jede Mutter ist in gewisser Weise eine Managerin eines Familienunternehmens. Aber die wenigsten sagen das auch. Mit Selbstbewusstsein sollten Frauen heute diese Dinge auch beim Namen nennen. Ich selbst habe keine Kinder und habe großen Respekt vor Frauen, die Familie und Job unter einen Hut bringen. Das was manchmal falsch gemacht wird ist, dass sich die Frauen im Vorfeld nicht gut genug über ihren potentiellen Arbeitgeber informieren. Sie sollten sich fragen: „Worauf kommt es in dem Unternehmen an, in dem ich mich bewerbe“?  Bei uns in der Bank erlebe ich häufig, dass sich die Bewerberinnen nicht über die Arbeitszeiten bewusst sind – die sich ja an unseren Kunden orientieren. Sie sollten sich besser auf ihren potentiellen Arbeitgeber vorbereiten.

Frau Heiring, welche Glaubenssätze von Frauen begegnen Ihnen täglich in ihrem Berufsalltag?

Es gibt Glaubenssätze, die mir sehr häufig begegnen:

  1. Sei perfekt
  2. Sei fleißig

Ein Beispiel: Häufig sind Frauen fleißig – und den Erfolg kassieren die Herren.

Häufig wollen Frauen perfekt sein. Das ist im Arbeitsalltag häufig schwierig.  Also fühlen sie sich dann nicht gut / perfekt genug. Frauen liegt es außerdem nicht, sich selbst zu loben. Männer sind da ganz anders. Wenn man gesehen werden will, gehört dazu auch eine gute Selbst PR. Gerade in den Branchen, die noch immer männerdominiert sind, ist das ganz wichtig. Mein Tipp deshalb:

  1. Pflege eine gute Selbst PR

Frau Heiring, welchen Tipp können Sie Frauen geben, die sich mit 40+ beruflich neu orientieren?

Das würde ich gerne in einige wesentliche Punkte fassen:

  1. Sei Dir bewusst, was Du schon Tolles geleistet hast (das sind nicht nur berufliche Erfolge, sondern auch die Erziehung eines Kindes, das Managen eines Haushaltes, Ehrenämter, besondere Hobbys, erreichte persönliche Ziele etc.). Also: eine positive Konzentration auf die Vita.
  2. Frauen sollten sich nicht für Ihre Familienphase entschuldigen, sondern diese ins Positive kehren und sagen: Managerin des mittelständischen Unternehmens namens „Familie“. Oder: „Ich habe dafür gesorgt, dass meine beiden Kinder tollen Hobbies nachgehen können“.
  3. Informiere Dich gut über Deine potentielle Aufgabe und Deinen zukünftigen Arbeitgeber. Überlege Dir vorher: kann ich das leisten, insbesondere zeitlich? Dazu gehört das intensive Studium der Websites des Unternehmens bei dem Du Dich bewirbst.
  4. Es ist häufig nicht die klassische Bewerbung, die zum Erfolg führt, sondern ein gutes Netzwerk. Dazu gehört, dass man einfach auch mal den Hörer in die Hand nimmt.

Frau Heiring, vielen Dank für das tolle Gespräch!

 

 

 

 

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